Teambildung
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"Auf der Suche nach Nubien" Ein Lehrstück christlicher Seefahrt Teambildung auf der Kind of Magic, einer Bavaria 41, im April 2001 anlässlich eines Ausbildungstörns zur SKS-Prüfung
Dramatischer Auftakt: Die Welt versinkt in Dunkelheit
Dienstag, 10.04. Im Regenschauer nach Süden
Tini in der Bucht von Marmaris
Allabendliches Zocken um Millionen
Noch ein Karten-König
Bucht von Marmaris
Mastenwald Mittwoch, 11.04. Das Bordleben kommt in Schwung Morgens wieder kräftige Schauer, das Bordleben kommt nur langsam in Gang, um 11.30 ab unter Motor mit Kurs Südost, später unter Segel, mit Wind und ohne Regen an der Insel Symi vorbei und dann nach Nordwesten in Richtung Marmaris. Wolfgang steigt zum Navigator auf und wird es die restliche Zeit über bleiben... Erste Manöverübungen, wir halsen, was der abendliche Wind noch hergibt, nette Ankerbucht kurz vor Marmaris, wir legen uns nach 50 sm an eine Boje und genießen die Hammel-Gemüse-Pfanne von Jürgen, Rotwein und Raki, während zuhause in Nürnberg Schnee fällt, wir thematisieren Prüfungsanforderungen, Segel- und Lebenserfahrungen, Schul- und Arbeitserlebnisse, blödeln herum und formulieren erste Visionen ("Hafenliebchen").
Einfahrt in die Bucht von Marmaris
Ankerbucht vor Marmaris
Bucht von Marmaris
Wolfgang: anthroposophischer Weltenbummler, Navigator, Kassenwart und guter Geist von Schiff und Kombüse
Franz: Siemens-Schweizer in Franken, schleppt durchgängig Häppchen und Drinks aus der Kombüse an, sorgt für gute Laune und reichlich Alkohol Jürgen: vorbildlicher, seine Mannschaft umsorgender Skipper und Segelenthusiast, weiß nunmehr auch, dass weibliche Crewmitglieder an Männern nackte und behaarte Unterarme schätzen (hier eine Abbildung, bevor er von seiner Crew bedrängt wurde, aus Gründen ganzheitlicher Bräunung auch einmal die Wollmütze abzunehmen)
Tini: Regattaqueen und Theaterwissenschaftlerin mit frechen Sprüchen, bleibt morgens lieber noch etwas liegen und greift an Bord nur ein, wenn es nötig ist
Volker: Kurz mal eingeflogen, Prüfung gemacht, und schon wieder weg. Wenn er nicht am Ruder steht, bastelt er mit Begeisterung an irgendwelchen Geräten und Motoren herum; für seine neue Halterung für den Kaffeefilter wurde inzwischen Geschmacksmusterschutz beim Europäischen Patentamt beantragt.
Peter: Autor der Seiten auf Klettertour über der Bucht von Bozuk Bülü, weitere Charakterisierungen überlasse ich lieber mal den Anderen! Donnerstag, 12.04. Der Tag vor der Prüfung
Problemstellung: Wie viel Meter oder Zentimeter ist eine Leine vom Erdboden entfernt, die um die Erde geschlungen wird und genau einen Meter länger als der Erdumfang (ca. 40.000 Kilometer) ist?
Malerischer Kai von Marmaris
Idylle in der Marina
Die Restaurantmeile am Kai
Peter und Wolfgang - klammheimliche Freude
Jetzt ist die Mannschaft bester Laune!
Der Tag der Prüfung: SKS und Hamam Der Wind legt erheblich zu, wir üben noch einmal alle Manöver mit kränkendem Boot, Starkwind und Wellen, jeder Fehlschlag macht uns besser und sicherer... Nach einem mittäglichen Häppchen kommen die zwei Prüfer an Bord und unsere Jungs können zeigen, was sie gelernt haben... Es geht ziemlich viel schief, aber die Prüfer sind begeistert, vermutlich deswegen, weil uns alle missglückten Manöver absolut kalt lassen. Nach 40 Minuten feiern wir drei SKS-Absolventen (Wolfang, Volker und Franz). Und 18 sm Kreiseln vor dem Hafen reicht es uns auch und wir gehen ins Hamam (Türkisches Bad), um uns von zwei kräftigen Herren mit Bürste und Seifenlauge verwöhnen zu lassen... Fast alle männlichen Wunschräume gehen in Erfüllung, als wir plötzlich von jeder Menge Frauen umringt sind! Den Abend beschreibt ein Kaleidoskop von Impressionen:
Jürgen teilt nahezu allen Händlern im Basar die Maße seiner Frau mit, weil er ihr Frau
eine Lederjacke mitbringen möchte... Allabendliches gutes, reichliches bis üppiges Essen
mit Fernseh-Fußballberieselung... Wolfgang freundet sich recht eng mit einer jungen
Türkin an (ca. 3 Jahre alt)... Diskussionen über das Leben in der Türkei mit
einem Ex-Nürnberger "Grundigianer", jetzt Teppichhändler im Ruhestand (Grundig
Werk 11)... Wir versuchen, Tini eine Kittelschürze zu verpassen, aber sie zieht nicht so
recht... Tolle Jazz-Bar mit Combo und guter Sängerin direkt am und über dem Hafen... Der
Wind nimmt immer mehr zu, heult um unser Boot herum und die Marina-Boys sperren den
gesamten Hafen mit unzähligen Seilen ab, ein Bild, wie die mittelalterlichen
Schutzmaßnahmen vor einem drohenden feindlichen Galeerenangriff... allabendlicher
Schnautz, Rotwein und ein neuer, scheußlich schmeckender Raki (an den wir uns erst nach
Tagen gewöhnen werden!)... Tini erwärmt sich zunehmend für unsere männlichen
Tagträume von "Nubierinnen", denkt dabei aber möglicherweise doch wohl mehr an
Nubier!? Die Bucht von Marmaris Friedliche Fahrt unter Motor Mit offenen Luken und ohne Ölzeug Flüchtige Impressionen einer malerischen Bucht Samstag, 14.04. Hoch am Wind Volker verlässt uns, da waren es nur noch sechs... Der Wind hat sich gelegt und völlig gedreht, alle Boote sind mit gelbem Saharastaub bedeckt... Ein Bootsnachbar berichtetet uns armen Werktätigen frohgemut, dass er sich nicht so beeilen muss, weil er fünf Monate in der Region bleiben wird, bevor er sich wieder auf sein Domizil nach Mallorca zurückziehen wird... Wir bekommen beim Ablegen unsere Mooring in die Schraube und legen fast den halben Hafen in Trümmer, bis uns die Jungs von der Marina retten, unsere Boot wieder vertäuen und das Tau aus der Schraube entfernen... Ein Stunde später bekommen wir für ein gelungenes Anlegemanöver am Kai von Marmaris Szenenapplaus, während Franz und Tini im Bazar unterwegs sind, um ein nicht mehr lebendes Huhn käuflich zu erwerben... Wir tuckern aus der sehr schönen, weitläufigen Bucht von Marmaris heraus und gehen mit zwei Reffs dann auf eine tolle Kreuz entlang der Küste in Richtung Südwesten, das Boot liegt völlig schräg und stampf schwer durch die Wellen, der Rudergänger tut etwas für seine Muskeln... Die Wenden klappen auch bei diesen Verhältnissen souverän, und auch die Bavaria von Franken & Meer machen einen sehr sicheren und stabilen Eindruck... Peter und Tini bekommen vor Begeisterung leuchtende Augen am Steuerrad... Neue Sprachschöpfungen revolutionieren die weltweit praktizierte Seemannschaft ("Jau!")... Franz möchte in Ruhe telefonieren und wir empfehlen ihm die Solokabine unter dem Schlauchboot auf dem Vordeck, er zieht aber nicht so recht und möchte noch passende Literatur... Weitere Vorschläge gehen in Richtung Sonnenbaden im Tanga auf dem Vordeck mit Sicherung mittels Palstek... Jetzt spricht auch Christine zunehmend von Nubierinnen, was langsam doch etwas bedenklich stimmt... Abends ankern wir nach 34 sm in der schönen Bucht Bozuk Bülü, die von einer tollen Burgruine beherrscht wird, wir fahren mit dem Beiboot an Land und klettern bis zum Sonnenuntergang auf der Burg herum... Abends toller Curryreis mit Huhn von Franz, dann betrachten wir lange und etwas sehnsüchtig den Sternenhimmel... Gestört wird das Ganze nur vom ziemlich intensiven Handyeinsatz mit SMS und daraus resultierendem anhaltenden Gepiepse, allein Wolfang ist noch relativ resistent gegenüber den Neuen Medien... Unser Skipper will am nächsten Morgen um 6 Uhr aufstehen, wir verstellen die Uhr, aber leider bleibt sie ganz stehen... Nach fünf Tagen Segeln haben wir durchwegs rote Nasen und glühende Gesichter... Tini hat ebenfalls rote Wangen, vermutlich aber vom Rotwein... Bozuk Bülü Bozuk Bülü Der Abend naht Sonnenuntergang am Bozuk Bülü Sonntag, 15.04. Vor dem Wind 7.30 Uhr auf, wir tuckern ohne Frühstück los und holen es unterwegs nach... Ein ruhiger und sonniger Morgen... Wir motoren bei wenig Wellengang und erstmals Wetter für kurze Hosen friedlich die Küste entlang zurück in Richtung Bodrum, frühstücken mit Kaffee und Müsli an Deck, der Autopilot hält uns auf Kurs, es ist eine schöne und friedlich Stimmung... Tini und Franz wollen ausschlafen und liegen bis mittags in den Betten... Plötzlich kommen doch wieder Wolken und Wind, wir laufen in die schöne Bucht von Knidos ein, können aber nicht an Land, weil der Heckanker bei dem auffrischenden Wind nicht gut hält, am Ende des Manövers stehen drei Leute auf einem brüchigen Holzsteg und müssen von Franz mit dem gefierten Beiboot gerettet werden... Wir ankern und speisen also mitten in der Bucht mit Blick auf das dorische Theater und lesen uns aus dem Reiseführer vor... Wir umrunden das Kap und kreuzen bei sechs Beaufort schwankend vor achterlichem Wind und von hinten auflaufenden Wellen gen Bodrum... Nach 66 sm und abendlichen Sprühregen sind alle ziemlich erledigt und sinken nach einer letzten Runde Schnautz ermattet in die recht kühlen Kojen. Schnauz: Gespielt mit Zündhölzern und je drei Karten, das abrupte Ende kommt nach Klopfen oder mit 31 Zählern! Vorwindkurs Kombüse Motoren Kurs auf Knidos Leuchtturm Knidos
Franz strahlt
Tini liest
Wo ist die Sonne?
Der Hafen von Bodrum
Montag, 16.04. Der Skipper lässt die Hosen herunter Franz und Tini verlassen uns, da waren es nur noch drei... Wir waren ein tolles Team, immer lustig, kompetent, zupackend und hilfsbereit... In Ermangelung von Wind tuckern wir vormittags unter Motor, entlang der Küste und zwischen vielen kleinen Inseln, Seezeichen und Untiefen hindurch, die uns manchmal aus der Ferne vor navigatorische Rätsel stellen, die sich dann aber von Nahem in Nichts auflösen... Franz und Tini schicken uns einen Erlebnisbericht über Horden von Nubierinnen am Istanbuler Flughafen, doch dürfte es sich dabei um Sinnestäuschungen handeln... Wir können leider keine der griechischen Inseln in unserer unmittelbaren Nähe (Kos, Kalymnos, Samos) anlaufen, da wir dazu einklarieren und uns eine teures Visum besorgen müssten... Jürgen nimmt nicht nur seine Mütze ab, um auch oberhalb seiner roten Nase noch etwas braun zu werden, sondern er wagt sich sogar in kurze Hosen... Am Abend doch noch ein Hauch Wind und wir segeln über eine große Bucht zu unserer Ankerbucht namens Kuruerik Bükü direkt vor einer Moschee (der Arbeitseifer des Muezzin lässt deutlich zu wünschen übrig!)... Wolfgang kocht uns nach 42 sm eine leckere Gemüsepfanne mit Nudeln, wir führen auf und unter Deck abendliche Gespräche über anthroposophische Gedanken und Erfahrungen, bis wir nach einer Skatrunde etwas früher als sonst in die kühlen Lagen schlüpfen. Jürgen kniefrei Dienstag, 17.04. Wind- und Wetterkapriolen in der Straße von Samos 1/8 raus, Frühstück, Anker auf um 8 Uhr, wir tuckern bei schöner, gänzlich fahler Sonne westwärts und segeln unter Blister mit halben bis achterlichen Winden und der Musik von Joe Cocker nach Norden... Der Wind wechselt ununterbrochen Stärke und Richtung, so dass wir permanent die Segel setzen und bergen, fieren und dicht holen, bis in der Straße von Samos der Wind schließlich gänzlich dreht und dann einschläft... Am Ende beenden wir unsere 51 sm unter Motor, tuckern nach Kusadasi und freuen uns auf das erneute Zusammentreffen mit unserer Psychogruppe... Abstecher zwecks Abendessen und Sightseeing in den nicht sehr schönen Ort, nur der noch rudimendär vorhandene Basar ist ganz nett... Sind bei Horst, Hannes, Hans, Shatha, Regine, Ivonne und Thomas bei Nüssen und Rotwein zu Gast und tauschen unsere bisherigen Erlebnisse aus, nachts sieht die Stadt gleicht erheblicher schöner aus. Diesiges Wetter Mittwoch, 18.04. Kreuz bei acht Beaufort und nächtliche Hafeneinfahrt Morgens wieder Saharastaub auf allen Booten... Fahren alle zusammen am Vormittag mit Bus und Taxi nach Ephesus, das uns wirklich begeistert... Nicht nur die Bibliothek über dem Grabmal und das mächtige Amphitheater, sondern die gesamte griechisch-römische Stadtanlage sind beeindruckend, leider ist das regnerische Wetter für schöne Fotos nicht gerade geeignet... Kurz vor dem Ablegen erwischt uns ein wieder einmal ein heftiger Regenschauer, der Saharastaub färbt die Regenwolken richtiggehend rötlich und das Wasser dunkel... So starten wir erst mit Verzögerung zu unserem geplanten Etmal... Shatha verhilft unserem Drei-Männer-Boot zu einem etwas ausgeglicheneren Geschlechterverhältnis und fährt mit uns mit, was sich bei den Segelambitionen unserer Crew schnell zu einem ziemlichen Rodeoritt entlang einer ruppigen Leeküste mit stark gerefften Segeln entwickelt... Bei unserem neuen Crewmitglied führt dies aber statt Seekrankheit eher zu Begeisterung und leuchtenden Augen... Der Segelbazillus ist offenbar ansteckend... Nach einigen Hilfen steht Shatha schließlich am Ruder und kreuzt mit Satisfaction von den Stones bei Starkwind und rollender See entlang der Küste, während unsere Partnercrew ganztägig unter Motor fährt und lieber in heißen Quellen badet... Am Abend segeln wir bei einem tollen Sonnenuntergang mit raumen Winden und schließlich am Wind unserem Bestimmungsort entgegen... In einer Gemeinschaftsaktion von Wolfgang an der Karte und Jürgen an Deck tasten wir uns schließlich nach 48 sm im Dunkeln in den Hafen von Sigacik hinein, wo uns die Anderen schon zum abendlichen Fischessen erwarten... Gute Kneipe, umwerfend nette junge Türkinnen am Nebentisch, Fußball im Fernsehen, nächtliche Filmaufnahmen im Hafen, Shatha erhält von Jürgen in der Kneipe eine Fußmassage, die Stimmung bei beiden Crews ist gut. Die Bibliothek von Ephesus Das Theater von Ephesus
Donnerstag, 19.04. Das Ende naht Wir frühstücken gemütlich, unsere Partnercrew übt noch ein Assessmentcenter, dann fahren wir bei viel Sonne teils unter Motor, teils unter Segel durch die Straße von Chios in den Stützpunkt von Franken und Meer zurück... Shatha verleiht erneut unserem Männerboot etwas Glanz... Wir üben noch einige rückwärtige Anlegemanöver, dann aber ist die Fahrt zu Ende und wir sitzen alle etwas traurig auf unseren Booten herum... Nach Dusche, Stadtbummel und Besuch bei Horst landen wir zum letzten Mal zusammen und mit Beppi, dem Stützpunktsleiter, und weiteren Freunden in einer Kneipe zum gemeinsamen Mahl, diesmal mit Vorspeisen und Fleischspießen... Hans beeindruckt männliche und weibliche Crewmitglieder mit tiefen Lebensweisheiten und seinen Unterhosen und wir erhalten einige Einblicke in die pädagogischen Ansätze unserer Partnercrew... Alle schwächeln etwas und der beabsichtigte Discobesuch fällt dem Packen und rechtzeitigen Bettgehen zum Opfer - vor Mitternacht kommen wir trotzdem nicht in die Kojen. Shatha Thomas in der Sonne Hans, Yvonne, Regine und Thomas Horst Freitag, 20.04. up, up and back to home 6 Uhr auf, 7 Uhr mit dem Sammeltaxi an der Küste entlang nach Iszmir, Flug nach Istanbul, kritisch-distanziertes bis fasziniertes Betrachten von vier Modenschauen im türkischen Modekanal (kritisiert wurden insbesondere Gang und Ohrengröße der Damen!), dann Rückflug nach Nürnberg - die Heimat hat uns (nach langem Anstehen am Zoll) wieder. Ganz persönliches Fazit: Teambildung Die beabsichtigte Teambildung hat geklappt, sowohl mit als auch ohne pädagogische Begleitung. Nubien Die echte Nubierin In Ephesus war leider eine
große Entäuschung. Die Realität ist ernüchternd, zerstört aber nicht unsere Wünsche
und Sehnsüchte. Das Wunschbild bleibt. Tini (Tini, Kavalidere, Erlangen 2001, S. 1 f.) geht in ihrer gedanklichen Klarheit und Radikalität noch einen Schritt weiter: Vielleicht sind wir ja selbst die Nubier/innen!?
Fünf NubierInnen im Abendlicht Mitwirkende: Franz Eiholzer, Christine Auernheimer, Wolfgang Ritter, Volker Mannschke, Peter Kührt, Jürgen Meinken, Hans Schmid, Shatha Yassin-Salomo, Horst und Hannes Anclam, Regine Bräunlein, Ivonne und Thomas Grüger
Anmerkungen und Reaktionen aus aller Welt
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