Einfach herumklicken genügt – oder doch nicht!?
Ein kleiner Beitrag zur Medienpädagogik!
Generelle Erfahrungen und Überlegungen
Natürlich stellt sich die Frage, ob das Internet ein sinnvolles
pädagogisches
Medium ist, was es für den Unterricht an Vorteilen und
möglicherweise
auch Nachteilen bringen kann, für den Schüler und für
den
Lehrer...
Generell muss man sicherlich feststellen, dass sich durch
den Interneteinsatz alleine nahezu nichts ändert.
Ergebnisse
einer flächendeckenden Langzeitstudie zum Notebook-Einsatz in
Österreich:
(Forschungsprojekt Vernetzte Bildung, Salzburg 1998, Sie können
die
ganze Studie gerne bei mir ausleihen! Vgl.
Stangl, Werner (1998). Internet in der Schule - Eine Bestandsaufnahme
über
den Einsatz des Internet im Unterricht an Österreichs Schulen)
Schulische Lernerfolge:
- Die Auswirkungen des EDV-Einsatzes auf den inhaltlichen
Lernerfolg
werden
sowohl von den Schülern als auch von den Lehrer als gering
beschrieben!
- Einen deutlichen Anstieg gab es nur beim Computerhandling, in
allen
Klassen
stieg die Computerkompetenz mehr oder weniger stark an (auch durch die
laufend zu bewältigenden Hard- und Software-Probleme!)
- Steigerungen der fachlichen Leistungen waren eher selten (am
ehesten in
Informatik und Textverarbeitung sowie Rechnungswesen!)
- Dagegen lassen die Leistungen in Deutsch nach (Rechtschreibung!)
- Schüler sehen sich mit höheren Erwartungen und mehr
Arbeitsaufträgen
konfrontiert (für die Leistungserbringung waren neben fachlichen
auch
Computerkenntnisse erforderlich), was zum Teil auch zu
selbständigerem
Arbeiten führte
- Gegenseitige Unterstützung zwischen Schülern, aber auch
Hilfe
von Schülern für Lehrer, wurden Unterrichtsbestandteil
Konsequenzen für die Schule:
- „Der sinnvolle Einsatz in der Schule steht und fällt mit der
Einstellung
der Lehrkräfte und ihrer Medienkompetenz“!
- Unsicherheit und Widerstand der Lehrkräfte sind wesentliche
Problemquellen.
Lehrkräfte dürfen nicht zum Computereinsatz gedrängt
werden.
Aber auch Techno-Euphorie wirkt eher bedrohlich denn animierend!
- Nur mit Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte erlangen diese
die
Medienkompetenz,
um EDV-Nutzungen didaktisch und fachlich sinnvoll in den Unterricht zu
integrieren.
- Es ist auch erforderlich, einen laufenden Erfahrungsaustausch zu
organisieren.
Das gilt vor allem für Lehrkräfte, die die gleichen
Fächer
unterrichten.
- Die Lehrkräfte benötigen einen einfachen Zugang zu
leistungsfähigen
Rechnern, um diese für die Unterrichtsvorbereitung nutzen zu
können.
?
- Die besten Erfahrungen wurden mit ‚alternativen
Unterrichtsformen‘
erzielt
(Projektunterricht, fächerübergreifendes Lernen,
Gruppenarbeiten).
Diese Methoden sind zu fördern und zu unterstützen.
- Als Kompensation gegen die latente Benachteiligung von
Mädchen
sollt
ein Tei des Unterrichts aus geschlechtshomogenen Gruppen bestehen.
- „Für die technische Wartung und Betreuung der Computer, der
lokalen
Netze und Internetdienste sind die personellen Ressourcen an den
Schulen
stark auszubauen.“ Die ideale Lösung wäre ein Rechnerwart und
ein Webwart.
- Ein Projektionsmöglichkeit ist für den Unterricht
unbedingt
erforderlich.
- Das digitale Bildmaterial sollte für Lehrkräfte
übersichtlich
organisiert sein.
- Bildungsserver müssen nach ihrer Nutzungslogik für den
Unterricht
strukturiert sein! (Schulstufe, Unterrichtszwecke)
Konsequenzen für das Unterrichtsmaterial:
- Die mangelnde Verfügbarkeit von hochwertigem
Unterrichtsmaterial
ist
derzeit ein wesentliches Hindernis für den Einsatz der neuen
Lernmedien.
- Altbewährte Applikationen (Datenbank-, Layout-,
Textverarbeitungsprogramme
werden von den Lehrern am besten beurteilt, E-Mail-Programme und
Internetprogramme
noch mit gut, am schlechtesten Chat und Telnet.
- Nach wie vor unbefriedigend ist die Unübersichtlichkeit des
Internet,
dringend erforderlich wäre gut Bildungsserver.
Konsequenzen für den Unterricht:
- Die besten Erfahrungen wurden mit ‚alternativen
Unterrichtsformen‘
erzielt
(Projektunterricht, fächerübergreifendes Lernen,
Gruppenarbeiten).
Diese Methoden sind zu fördern und zu unterstützen
- Keine
45-Minuten-Stunden,
keine Überfrachtung des Lehrplans
- Abkehr vom Frontalunterricht
- Gruppenarbeit, Projektarbeit, Schülerselbsttätigkeit
- Fächerübergreifende Koordination, flexibler Zeitablauf,
geänderte
Leistungsüberprüfung
Konsequenzen für die Lehrkräfte:
- Die Lehrer-Schüler-Interaktion wird durch Computer
beträchtlich
verändert, die Schüler sehen auf ihren Monitor
- Die Ablenkungsmöglichkeiten der Schüler sind noch
größer
(Surfen, E-Mails an Radiostationen schicken, Computerspiele)
- Die Schülermotivation muss noch stärker als im
traditionellen
Unterricht sein
- Der Erfolg der Unterichtsstunde hängt nun auch von dem
Funktionieren
der Technik ab.
- Das Zeitmanagement ist nur noch bedingt durch den Lehrer zu
kontrollieren,
einige Abläufe sind nicht zu beeinflussen (Netz starten,
abgestürzte
Rechner neu starten, dem Schüler nach ‚Rechnerabsturz‘ helfen usw.)
- Die Schüler helfen sich mehr gegenseitig, der Lehrer wird in
geringerem
Maße gebraucht (in manchen Klassen gibt es richtige ‚EDV-Gurus‘,
die ihren Mitschülern häufig und intensiv helfen, teilweise
auch
dem Lehrer
- Manche Schüler wissen mehr als der Lehrer (Reaktionen im
Versuch:
Nutzen der Schülerkompetenzen aber auch: Angst vor
Autoritätsverlust
und Ablehnung des Computereinsatzes! Allein 48% der befragten Lehrer
nannten
Schüler als erste Anlaufstelle bei Computerproblemen)
- Nach einem Jahr stieg insbesondere die Nutzung der
Telekommunikation
stark
an (E-Mail und Internet) ? Nach einem Jahr meinten nur noch 6% der
Lehrer,
dass der Computereinsatz den Unterricht sehr verbessern
würde!
(vor Versuchsbeginn 33%)
- Ca. 50% meinten, dass der Computereinsatz den Unterricht
etwas
verbessern
würde. ? Nach einem Jahr meinten nur noch 21% der Lehrerinnen und
63% der Lehrer, dass man den Computer intensiver im Unterricht
einsetzen
solle! (vor Versuchsbeginn 56% bzw. 76%) Dagegen sprachen sich 21% der
Lehrerinnen und 8% der Lehrer aus! (vor Versuchsbeginn 0% bzw. 3%)
- Nach einem Jahr meinten nur noch 64% der Lehrerinnen, aber 91%
der
Lehrer,
dass der Computereinsatz den Projektunterricht fördern
würde!
(vor Versuchsbeginn 78% bzw. 88%)
- Nach einem Jahr meinten 36% der Lehrerinnen, aber nur noch 38%
der
Lehrer,
dass der Computereinsatz zwischenmenschliche Kontakte fördern
würde! (vor Versuchsbeginn 11% bzw. 38%)
Spezifische pädagogische Erfahrungen und Überlegungen
für
Berufsschüler/innen
Bezüglich Schüler:
- Schüler/innen lernen vielfach schneller als Lehrer/innen!
- Die Schüler/innen kommen von Jahr zu Jahr mit mehr Internet-
und
Handlingkenntnissen
hinsichtlich Textverarbeitung und Tabellenkalkulation an!
- Von Jahr zu Jahr gibt es auch mehr wirklich gute
‚Computerexperten‘
unter
den Schülern.
- Was die Schüler aber nach wie vor nicht in die Berufsschule
mitbringen,
ist die Umsetzung der Computerkenntnisse in tatsächliche,
betriebliche
Problemstellungen (Schüler mögen ja vielleicht mit Excel ganz
vertraut sein, sie sind es aber immer nur spielerisch – wie aber rechne
ich Annuitätendarlehen oder Swapsätze damit aus, was
muss
eine Kunden-Kaufabrechnung für Aktien tatsächlich enthalten
und
warum? Wie hole ich nicht nur die Konditionen der Eurocard Gold aus dem
Internet, sondern teile sie auch einem Kundenkreis mit? Wie muss
ein
Formular aussehen, damit es von einem Kunden nicht falsch
ausgefüllt
werden kann? usw.)
Bezüglich Internetunterricht:
- Internetnutzung ist offensichtlich einseitiger, ermüdender
(und
langweiliger!)
als Tabellenkalkulation – auch bei Internetprojekten mit Suchaufgaben
lässt
nach einer Stunde die Aufmerksamkeit der Schüler nach!
Daraus ergibt sich als Konsequenz, dass
- Internetprojekte methodisch abwechslungsreich sein müssen
(Gruppenarbeit
zur Strategiefindung, Internetrecherche, Ausarbeitung einer Folie,
Präsentation
vor der Klasse etc.)!
- ein bloßes Herumklicken im Internet die Schüler nach kürzester Zeit
langweilt
- die Lehrkraft von Beginn an möglichst anspruchsvolle und komplexe Aufgaben
aus dem Fachunterricht oder der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen heraus
stellen muss
- reine Suchaufgaben max. eine Stunde dauern dürfen
- die Schüler anspruchsvollere Aufgaben mit
medienpädagogischer
Komponente bekommen müssen (Textauszüge suchen,
herauskopieren,
schön formatieren, auf Diskette auslagern etc.)
- bei allen Internetprojekten inhaltliche oder auch inhaltliche
Fragen im
Vordergrund stehen müssen (hinsichtlich Handling sind die
Schüler
oft schnell besser als die Lehrer, es geht aber darum, welche
Internetseiten
man wie verwendet, von wem sie sind, was sie bewirken wollen, welche
Interessen
sie wiedergeben)!
- Internetprojekte noch interessanter als der normale Unterricht
sein
müssen,
da hier die Ablenkungsmöglichkeiten noch größer sind
(die
Suchaufgabe muss die Schüler tatsächlich interessieren,
es muss eine tatsächliche Aufgabe bzw. Frage sein, sie darf
auch
nicht schon nach der ersten Seite zu beantworten sein!)
Bezüglich Unterrichtsvorbereitung:
- Es ist sehr schwierig, überhaupt pädagogisch sinnvolle
Internetseiten
zu finden, d.h. solche, die einen Lernerfolg bringen, tatsächliche
Informationen enthalten usw. ?
- Es ist überaus zeitaufwendig, viele Seiten vorher
abzusurfen, um
daraus
eine Unterrichtseinheit zu entwickeln, die später eine Allein-
oder
Gruppenarbeit der Schüler erlaubt. Man muss oftmals mit einem
Zeitfaktor von 4 rechnen (eine Stunde Internetunterricht – vier Stunden
Vorbereitung)! Da es wenig sinnvoll ist, den Unterricht nicht
vorzubereiten,
kann die Lösung nur darin liegen, möglich viele Einheiten
arbeitsteilig
mit vielen Kollegen vorzubereiten.
- Besonders vorteilhaft sind Aufgaben- und Linkseiten, die bereits
die
erforderlichen
Hyperlinks enthalten. Man kann dann die Seiten bzw. Dateien an Kollegen
oder Schüler weitergeben, und diese können nach dem Laden
sofort
mit Mausklick die gewünschten Seien aufrufen ohne langwierig
komplizierte
Internetadressen einzugeben.
Solche Aufgaben- und Linkseiten mit funktionieren Hyperlinks kann man
mit dem Netscape Composer aber z.B. auch mit Word 97 erstellen! - Es
ist auch zeitaufwendig und problematisch, dass sich viele
Seiten
dauernd ändern und dass viele Angebote nach nur wenige Wochen
nicht mehr existieren oder andere Adressen haben. Man muss also
vorwiegend
Seiten für den Unterricht einplanen, die sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit
nicht so schnell ändern werden, will man später keine
unliebsamen
Überraschungen erleben.
Von der Medienkompetenz zur Medienbildung:
- Der erste Schritt der Arbeit mit den
Schüler/innen
muss auf jeden Fall darin bestehen, ihnen die Grundkenntnisse und
-fertigkeiten
beizubringen (bzw. alle in der Klasse auf den selben Mindest-Level zu
bringen),
um kreativ und kompetent mit dem Medium Internet umgehen zu können.
Dabei wäre anzustreben, dies gleich mit fachlichen Inhalten zu
tun.
Man kann für die ersten Schritte zur Medienkompetenz aber auch
aktuelle,
schüleradäquate, lebensnahe, lustige, farbige oder
fun-orientierte
Inhalte wählen.
- Spätestens dann muss es aber unser
Ziel
sein,
über Methodenkompetenz im Sinne eines Instrumentariums wieder
hinauszukommen
in Richtung eines umfassenderen Bildungsanspruches: Wie sind die
Inhalte
im Netz zu bewerten? Kann man den Aussagen glauben? Wie entscheide ich
mich angesichts konträrer Positionen? Wie begründe ich meine
Entscheidung? Wie entscheiden wir uns als Gruppe? Warum erscheinen
manche
Aussagen nicht glaubwürdig? Wie kann ich eruieren, wer die Seiten
geschrieben hat und welche Interessen er verfolgt?
Damit sind wir wieder bei gewohnten
didaktischen
Fragestellungen und - für Lehrer - auf vertrautem Terrain!
Erste Unterrichtseinheiten finden zu unter AWL /
Sozialkunde und Literatur...
z. B. die UE "Ich und mein Chef "
........Schulen
ans Netz
(Ein
Projekt des Amtes für Berufliche Schulen und Schulpädagogik der Stadt Nürnberg)
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